Autonome Hintereingänge?! „Festung Europa“- und „Autonomie der Migration“-Diskurse
Forum Wissenschaft 3/2006
In antirassistischen Bewegungen haben sich unterschiedliche Diskurspositionen zur globalen Migration v.a. von Flüchtlingen herausgebildet, die Klärungsprozesse herausfordern, zumal vor dem G8-Gipfel im nächsten Jahr. Die theoretische Konzipierung von Flüchtlingsmigration wird mit entscheiden über die praktische Kritik und die Möglichkeit, antirassistische und weitere herrschaftskritische Positionen miteinander zu verzahnen. Olaf Bernau setzt sich auseinander mit Positionen in zwei wichtigen Debattensträngen.
Ist von Flucht bzw. Migration die Rede, durchzieht die (antirassistische) Linke bereits seit Jahren ein tiefer Riss: Während die einen von der „Festung Europa“ sprechen und vornehmlich das immer ausgeklügelter organisierte Grenz-, Lager- und Abschieberegime attackieren, favorisieren andere das Konzept der „Autonomie der Migration“ als archimedischen Bezugspunkt. Demnach dürfe nicht aus dem Blick geraten, dass allen Abschottungsbemühungen zum Trotz jährlich mehrere hunderttausend Menschen irregulär in die EU einreisen und ihr Überleben unter selbstbestimmten, wenn auch äußerst prekären Bedingungen organisieren würden. Migration sei in diesem Sinne als „sozialer Protagonismus“, d.h. Widerständigkeit, zu dechiffrieren, ja sie könne sogar als „erfolgreichste soziale Bewegung“ bezeichnet werden.
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