Unter den Rädern des Ökonomismus. Neoliberalismus und Finanzkrise bleiben ohne soziale Kämpfe unverstanden

ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 535 / 16.1.2009

Bereits ein kurzer Streifzug durch den linken Blätterwald zeigt, dass die allermeisten Analysen zur Finanz- bzw. Weltwirtschaftskrise ökonomistisch imprägniert sind: Die in der neoliberalen Epoche erfolgte Aufblähung der Finanzmärkte wird primär im Horizont einer bis heute andauernden Verwertungskrise des Kapitals rekonstruiert – ohne substanzielle Einbettung in gesamtgesellschaftliche Kräfteverhältnisse geschweige denn soziale Kämpfe. Umgekehrt fallen Überlegungen zu etwaiger Widerständigkeit in Sachen Krise nicht selten überschäumend, ja voluntaristisch aus. Beides ist irreführend und muss auf den Prüfstand.

Einer derjenigen, welche die stockende Kapitalakkumulation ins (alleinige) Zentrum ihrer Analyse rücken, ist der attac– und IL-Aktivist Werner Rätz. Unter dem Titel „Wohin mit dem ganzen Geld?“ argumentiert er streng werttheoretisch: Danach sei in den fordistischen Fabriken der 1950er und 1960er Jahre ein derart großer „Überhang an akkumuliertem Kapital“ entstanden, dass dieser nicht mehr profitabel hätte re-investiert werden können. Zum „reinen Schatz“ degradiertes Kapital sei aber „der kapitalistische Gau“ schlechthin, deshalb sei das überschüssige Geld in fiktives Kapital verwandelt, d.h. auf die Finanzmärkte verschoben worden. Einziger Haken: Die dort erzielten Gewinne müssten ebenfalls aus der sogenannten Realwirtschaft bedient werden, insofern sei die „Geschichte des modernen Finanzkapitalismus, oder wenn man so will des Neoliberalismus, (…) die Geschichte davon, wie der Ausbruch der Krise von Ende der sechziger/Anfang der siebziger Jahre bis heute hinausgezögert wurde.“ (SoZ 11/2008)

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