Soziales Desaster. Globales Agrarsystem zwischen kleinbäuerlicher Landwirtschaft und Agrobusiness
Kurswechsel, Heft 3/2008
Als zu Beginn des Jahres die weltweiten Lebensmittelpreise explodierten und in etlichen Ländern des globalen Südens Hungerrevolten ausbrachen, reagierte nicht nur die europäische Öffentlichkeit perplex. Ausschlaggebend dürfte zum einen das von der Weltbank kolportierte Schreckensszenario gewesen sein, wonach in mindestens 30 Ländern Hungersnöte drohten, unter ihnen vermeintliche Brutstätten des Terrorismus wie Ägypten oder Pakistan. Zum anderen die Erkenntnis, dass die aktuelle Lebensmittelkrise auf grundsätzliche Schieflagen verweist, unter anderem solche, welche eng mit der Klimaproblematik verzahnt sind. Entsprechend fand der rasant zunehmende Anbau von Agrartreibstoffen in der medialen Berichterstattung genauso Beachtung wie der weltweit in die Höhe schnellende Futtermittelbedarf (Stichwort: Fleischkonsum) oder der Umstand, dass sich in den allermeisten Ländern des Südens die Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten im Zuge neoliberaler Freihandelsabkommen enorm verschärft hat. Kurzum: Mit bemerkenswerter Klarsicht wurde selbst in bürgerlich-liberalen Zeitungen der Sachverhalt in Erinnerung gerufen, dass dem globalen bzw. kapitalistischen Agrarsystem ein ungeheueres Destruktionspotential innewohnt. Die apokalyptisch anmutende Zahl von jährlich 10-30 Millionen Hungertoten – davon 80 Prozent Kleinbauern und -bäuerinnen, Landlose und FischerInnen – ist in diesem Sinne vor allem als Fanal zu begreifen.
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