Rauchzeichen reichen nicht. Beim G20-Protest in Hamburg hat die gesellschaftliche Linke eine Schlappe erlitten, doch statt Selbstkritik dominiert Riotbegeisterung die Rückblicke.
ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 630 / 19.09.2017
Die Proteste gegen den G20-Gipfel waren rasant, aufwühlend und gespickt von großartigen, mitunter auch skurril anmutenden Momenten – etwa wenn vor der Davidswache im Scheinwerferlicht von Wasserwerfern ausgelassen getanzt und gecornert wurde. Gleichwohl hat die gesellschaftliche Linke in Hamburg eine herbe Schlappe erlitten: Bereits im Vorfeld hatten sich Campact, Gewerkschaften und diverse NGO aus der gemeinsamen Protestchoregraphie zurückgezogen, zudem ist es zu keinem wirklichen Bündnis mit selbstorganisierten Geflüchteten gekommen. Kein Wunder, dass auch inhaltlich kaum gepunktet werden konnte. Im Zentrum des Geschehens standen vielmehr ungezügelte Polizeigewalt, Repression und mediale Hetze – im Ping-Pong mit mehr oder weniger militanzfetischistischen Riotritualen.
Wer angesichts einer solchen Bilanz (selbst-)kritische Töne erwartetet hatte, sollte sich allerdings getäuscht sehen. Denn vorherrschend ist eine Art Frohlocken, inklusive offensiver Rechtfertigungen der gerade mal von einigen hundert Leuten getragenen Riots: So sieht Florian Schmid die „Deutschland AG“ als Gastgeberin „bis auf die Knochen blamiert“ (Neues Deutschland), die ak-Redaktion spricht von einem „hart erarbeiteten Erfolg“ (ak 629) und die Interventionistische Linke (IL) weiß zu berichten, was wenig überraschend dürfte, dass „der Geist des Widerstands unwiderstehlich und unaufhaltsam durch die Stadt“ gezogen sei (IL-Debattenblog).
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