Kampffeld Sahelzone: Wie der Dschihadismus von der Klimakrise profitiert
Blätter für deutsche und internationale Politik 2/2020
Mitte Januar traf Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf dem G5-Sahel-Gipfel seine Amtskollegen aus Niger, Mali, Mauretanien, Burkina Faso und dem Tschad – allesamt Vertreter von Staaten, die in der Sahelzone liegen, der regenarmen Übergangszone zwischen der Sahara-Wüste und der weiter südlich gelegenen Feuchtsavanne. Gemeinsam einigten sie sich auf eine verstärkte militärische Kooperation im Kampf gegen Dschihadisten in der Region.
Seit nunmehr sieben Jahren versuchen Terrorgruppen dort die Lage zu destabilisieren. Fast ebenso lang ist die ehemalige Kolonialmacht Frankreich mit militärischen Kräften vor Ort. Die 2014 gestartete Anti-Terror-Mission „Barkhane“ soll den transnationalen, islamistischen Terrorismus eindämmen, rund 4500 französische Soldat*innen sind im Einsatz. Dennoch hat sich die Zahl der dschihadistischen Angriffe seit 2015 jedes Jahr verdoppelt. Zur Verstärkung will Macron nun Partner ins Boot holen – unter anderem die Bundeswehr, die in Mali bereits mit 1100 Soldat*innen an der UN-Friedensmission United Nations Multidimensional Integrated Stabilization Mission in Mali (MINUSMA) beteiligt ist.
Ob allerdings mehr Militär ausreicht, um die Lage in der Sahelzone zu entspannen, ist überaus fraglich. Denn verantwortlich für die angespannte Lage sind nicht nur Terrorangriffe, sondern auch Massaker wie jenes am 23. März 2019 im Dorf Ogossagou im Zentrum Malis. 160 Angehörige der Fulbe, eines halbnomadischen Hirtenvolks, kamen dabei ums Leben, ihre Tiere wurden getötet und ihre Häuser niedergebrannt. Das Volk der Fulbe, dem rund 40 Millionen Menschen angehören, lebt in zahlreichen Ländern Westafrikas. Verantwortlich für den fatalen Angriff soll eine von der Regierung unterstützte Miliz der Dogon gewesen sein – eine vor allem Ackerbau betreibende Volksgruppe, die aufgrund ihrer Maskenkunst und ihrer zum Weltkulturerbe gehörenden Felsendörfer weit über Afrika hinaus Bekanntheit erlangt hat.
Das Massaker von Ogossagou löste vielerorts Entsetzen aus, zumal es nicht das erste seiner Art gewesen ist: Im Zentrum Malis verloren in den vergangenen zwei Jahren über tausend Zivilist*innen und Militärs ihr Leben; auch in den Nachbarländern Burkina Faso und Niger ist die Gewalt seit 2018 förmlich explodiert. Hinzu kommt, dass in den am stärksten betroffenen Gebieten 1800 Schulen geschlossen sind, mehr als fünf Millionen Menschen auf Lebensmittelhilfe angewiesen sind und 450 000 Menschen ihre Dörfer verlassen mussten. Kein Wunder also, dass es nach dem Massaker von Ogossagou zu Massenprotesten kam, in deren Verlauf die malische Regierung zurücktreten musste. Gleichzeitig fragten sich viele, ob im westlichen Sahel ein ethnisch aufgeladener Bürgerkrieg drohe – entfacht von den mindestens neun dschihadistischen Organisationen und Netzwerken, die in dem riesigen Gebiet agieren, viele von ihnen durch Treueschwüre mit Al Qaida oder dem „Islamischen Staat“ verbunden.
Deutschland: Verschiedene Interpretationen des Krisengeschehens
Erschwert wird das Verständnis der Lage in der Sahelzone durch drei unterschiedliche Interpretationen des Krisengeschehens, die hierzulande vorherrschen. Am populärsten ist die These, wonach der Sahel zunehmend von Dschihadisten aufgerieben würde, zusammen mit kriminellen Gruppen und Selbstverteidigungsmilizen unterschiedlicher Volksgruppen. Die Staaten seien äußerst fragil, manche auch von Korruption und schlechter Regierungsführung ausgelaugt, gleichzeitig treibe Armut und Perspektivlosigkeit immer mehr junge Männer in die Arme dschihadistischer Gruppen. Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat dieses Szenario erst im Dezember öffentlichkeitswirksam beschworen, nicht zuletzt mit Blick auf ihre Forderung, dass Deutschland im Sahel militärisch stärker eingreifen müsse.
Eine zweite Lesart betont die Verantwortung der westlichen Länder: Sie seien nicht nur aus historischen Gründen für die im Sahel grassierende Armut verantwortlich. Vielmehr würden sie weiterhin skrupellose Interessenpolitik betreiben, etwa im Rohstoffbereich oder bei der Ausdehnung des EU-Grenzregimes bis weit auf den afrikanischen Kontinent. Dies umfasse auch eine militärische Kooperation mit den Sahel-Regierungen, die in den Augen der lokalen Bevölkerung nur schwache Legitimität besäßen. Insgesamt ginge hieraus eine Eskalationsdynamik hervor – unter anderem, weil Dschihadisten internationale Truppen als legitime Angriffsziele betrachten würden, einschließlich der UN-Friedensmission MINUSMA.
Eine dritte Lesart ist unter Expert*innen schon länger ein Thema, wird hierzulande aber erst seit dem Massaker von Ogossagou intensiver diskutiert: Danach spitze der Klimawandel die Konkurrenz um Boden- und Wasserressourcen massiv zu, auch im Zusammenspiel mit dem im Sahel äußerst hohen Bevölkerungswachstum. Betroffen seien in erster Linie Viehhirten und Ackerbauern, ein Umstand, der von Dschihadisten zum Anlass genommen würde, Partei für eine der beiden Seiten zu ergreifen und somit althergebrachte Konflikte in hasserfüllte Konfliktspiralen zu verwandeln – etwa zwischen Fulbe und Dogon.
Die drei unterschiedlichen Lesarten schließen sich nicht aus, allerdings dürfte es kein Zufall sein, dass der mediale und politische Mainstream das erste Erklärungsmodell bevorzugt, also jenes, das Europa weitgehend von Verantwortung für die sozialen Verwerfungen im Sahel freispricht. Dabei wäre es für die Krisendiagnose hilfreich, gerade das Klimawandelszenario in den Blick zu nehmen. Zum einen nimmt es eine Perspektive ein, die ansonsten häufig fehlt – nämlich die Frage, wie sich imperiale Politik und dschihadistische Gewalt mit lokalen Problemlagen kurzschließen. Zum anderen gehört der Sahel schon heute zu einer der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Regionen. Umso wichtiger ist es, dessen genaue Auswirkungen zu verstehen. Erst dann wird auch deutlich, dass die von der Bundesregierung derzeit favorisierten militärischen Lösungsstrategien unzureichend sind: Ohne eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung kann die derzeitige Krise nicht gelöst werden – wozu auch Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zählen, vor allem im landwirtschaftlichen Bereich.
Die Auswirkungen des Klimawandels
Will man das Massaker von Ogossagou im Kontext des Klimawandels begreifen, muss man zunächst das soziale Gefüge in den Blick nehmen, das Ackerbauern (wie die Dogon) und Viehhirten (wie die Fulbe) weit über das Zentrum Malis hinaus seit langem komplementär verbindet. Traditionell bauen die Dogon Hirse an. Um die Qualität ihrer teils sandigen, teils lehmhaltigen Böden zu verbessern, schließen sie Verträge mit den Fulbe ab, damit diese in der anbaufreien Zeit ihre Tiere auf die Felder treiben und so eine Düngung durch Exkremente ermöglichen. Umgekehrt erhalten die Tiere Zugang zu Futter, am begehrtesten sind die übriggebliebenen Halme direkt nach der Ernte. Zudem können die Fulbe Milch verkaufen, auch im Tausch gegen Hirse.
Dieses Arrangement war zu keinem Zeitpunkt spannungsfrei. Einerseits gelangten Tiere regelmäßig auf noch nicht abgeerntete Felder und fraßen so die angebauten Pflanzen. Andererseits blockierten frisch angelegte Felder immer wieder die Durchzugswege für Tiere oder den Zugang zu Wasserstellen. Aus diesem Grund wurden bereits im 19. Jahrhundert auf dem Gebiet des heutigen Mali erste Regelwerke zum Umgang mit solchen Konflikten ausgearbeitet – inklusive Bußgeldkatalogen bei Feldzerstörungen.
Umso verhängnisvoller ist es, dass das soziale Gefüge zwischen Dogon und Fulbe in den vergangenen vierzig Jahren zunehmend brüchig wurde. Begonnen hat dies mit den beiden großen Saheldürren Anfang der 1970er und Mitte der 1980er Jahre – beide Katastrophen waren, wie die Klimaforschung heute weiß, erste Effekte des menschengemachten Klimawandels. So ist die Temperatur im Sahel zwischen 1970 und 2010 mit 0,6 bis 0,8 Grad schneller als im weltweiten Durchschnitt angestiegen; derzeit wird in der Region ein Anstieg um mindestens 4 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts erwartet. Zugleich haben die Niederschläge zwischen 2000 und 2009 um 8 bis 15 Prozent abgenommen, ganz zu schweigen davon, dass sich die Niederschlagsmuster verändern: Die Regenzeit wird kürzer, es regnet unregelmäßiger; zudem kommt es immer öfter zu sintflutartigen Regenfällen mit anschließenden Überschwemmungen. In der Folge hat sich die Ackerbaugrenze im Sahel seit 1970 um hundert Kilometer nach Süden verschoben.
Der Verlust an Land und Wasser ist allerdings nur die eine Seite der Medaille. Hinzu kommt, dass die Dogon im Zuge des Bevölkerungswachstums – und dank der Einführung des Pfluges – immer größere Landflächen bebaut haben, darunter auch solche, die bislang von den Fulbe genutzt wurden. Beide Entwicklungen haben immer wieder zu tödlichen Konflikten geführt: So starben im Dezember 1993 bei einem Streit zwischen zwei Fulbe-Dörfern 29 Menschen, Anlass war eine seit Jahrzehnten schwelende Auseinandersetzung um Weideflächen. Im Mai 2012 griffen Angehörige der Dogon das Fulbe-Dorf Sari an; 21 Menschen kamen dabei ums Leben, zudem wurden 774 Rinder gestohlen und 350 Häuser niedergebrannt.
Glücklicherweise sind solche gravierenden Zusammenstöße die Ausnahme geblieben. Zumeist haben die klassischen Konfliktlösungsmechanismen gegriffen, oft unter Leitung eines Imams oder anderer einflussreicher Persönlichkeiten. Zudem haben sowohl Fulbe als auch Dogon zusätzliche Einkommensquellen aufgetan – etwa durch den Anbau von Gemüse in der Trockenzeit, durch temporäre Migration einzelner Familienmitglieder oder dadurch, dass viele Dogon-Haushalte begonnen haben, selber Rinder zu kaufen, diese aber von Fulbe hüten zu lassen.
Die Gewalt der Katiba Macina
Allerdings führt der Klimawandel allein nicht automatisch zu mehr Gewalt, schon gar nicht unter Volksgruppen, die bereits seit langem spannungsreich, aber friedlich zusammenleben. Die aktuelle Gewalteskalation im Sahel wird vielmehr erst dann verständlich, wenn man auch das Verhalten der dschihadistischen Akteure in den Blick nimmt.
Ein eindrückliches Beispiel ist die „Katiba Macina“ des salafistischen Predigers Amadou Koufa, der ebenfalls der Volksgruppe der Fulbe angehört. Die Katiba Macina stellt die soziale Ordnung im Sahel in Frage – eine Art sozialrebellische Haltung, die sich auf die verschiedenen dschihadistischen Reformbewegungen des 19. Jahrhunderts beruft. So kritisiert die Gruppe überhöhte Weidegebühren, die Angehörige der traditionellen Fulbe-Elite erheben. Auch geißelt sie korrupte Landvergabepraktiken der staatlichen Verwaltung und stellt Richter*innen an den Pranger, die sich bei Land- und Wasserkonflikten bestechen lassen. Gleichzeitig bekräftigt die Katiba Macina in ihren Verlautbarungen jene tief im kollektiven Gedächtnis der Fulbe verankerte Grundüberzeugung, wonach vor allem die einfachen Fulbe bereits seit jeher benachteiligt werden. Demnach habe die erste Unabhängigkeitsregierung Malis unter dem Sozialisten Modibo Keita in den 1960er Jahren systematisch versucht, nomadische Volksgruppen wie die Fulbe oder die Tuareg zu sesshaften Ackerbauern zu machen. Und in den 1970er Jahren wurden im Zentrum Malis, mit Unterstützung eines von der Weltbank finanzierten Reisentwicklungsprogramms, riesige Weideflächen in Ackerland verwandelt.
Es kann daher nicht verwundern, dass sich vor allem junge Fulbe der Katiba Macina anschließen – mit der fatalen Konsequenz, dass die übrige Bevölkerung die Fulbe nun pauschal als Terrorist*innen verdächtigt. Tatsächlich verübt die Katiba Macina nicht nur Anschläge auf Soldat*innen, (Französisch unterrichtende) Lehrer*innen oder lokale Persönlichkeiten, sondern vertritt unter Androhung von Gewalt auch die Interessen einfacher Fulbe. So hat sie in diversen Landkonflikten klare Entscheidungen getroffen, in anderen Fällen wurden Weidegebühren aufgehoben oder Strafen für illegalen Holzeinschlag kassiert. Das wiederum hat zu Gegenangriffen durch Selbstverteidigungseinheiten oder staatliche Sicherheitskräfte sowie zu willkürlichen Festnahmen, Misshandlungen und sogar Hinrichtungen geführt.
Klassische Konfliktlösungsmechanismen können sich in dieser angespannten Lage immer weniger behaupten, zumal selbst Imame und lokale Würdenträger in den Augen vieler Menschen als korrupt und parteilich gelten. In diesem Sinne muss das Massaker von Ogossagou als vorläufiger Höhepunkt einer nicht nur von der Katiba Macina bewusst provozierten Eskalation begriffen werden. Diese Einschätzung wird auch durch den Umstand gestützt, dass die Angreifer laut Augenzeugenberichten das Massaker als Rache für einen Al-Qaida-Angriff auf einen malischen Militärposten ausgaben, bei dem eine Woche zuvor 23 Menschen ums Leben gekommen waren.
Wie Dschihadisten im Sahel an Macht gewinnen
Generell gewinnen dschihadistische Gruppen in der Sahelzone immer mehr an Einfluss. So liegt der schwer zugängliche Nationalpark W auf den Territorien von Burkina Faso, Niger und Benin und erlaubt auf diese Weise unkontrollierte Grenzübertritte. Um die Unterstützung der lokalen Bevölkerung zu erlangen, brachten die Dschihadisten bestimmte Teile des Parks unter ihre Kontrolle und setzten wichtige Naturschutzgesetze außer Kraft, nicht zuletzt das restriktive Jagdverbot. Ganz ähnlich gehen sie in einigen Goldabbaugebieten im Osten Burkina Fasos vor: Dort haben sie das Kommando übernommen und handwerklichen Goldschürfern bessere Konditionen eingeräumt als zuvor die staatliche Verwaltung. Die meisten ihrer illegalen Geschäfte – ganz gleich, ob es um den Schmuggel von Autos, Benzin, Waffen oder Drogen oder um Viehdiebstahl, Wilderei und den irregulären Betrieb von Goldminen geht – wickeln die Dschidhadisten mit Familien, Gruppen und Dörfern ab, die so zu ihren Partnern werden. Hinzu kommt, dass ihre Rhetorik gegen Staat, westliche Werte und internationale Truppen vielerorts auf wachsende Zustimmung trifft.
Es ist also nicht allein der Klimawandel, der zu Gewalt führt. Aber er ist ein wichtiger Faktor: In der Region leben 70 bis 80 Prozent der Bevölkerung von der Landwirtschaft. Der Klimawandel wirkt sich somit unmittelbar auf die Lebensbedingungen der im Sahel lebenden Menschen aus, nicht zuletzt auf ihre Ernährungssituation. Expert*innen gehen davon aus, dass allein die Hirseerträge um 15 bis 25 Prozent zurückgehen, sollte es zu einer Erwärmung von 2 Grad kommen. Das Fischaufkommen im Niger ist zwischen 1995 und 2005 bereits um die Hälfte zurückgegangen; in der Viehwirtschaft werden in den kommenden Jahren ähnlich hohe Einbrüche erwartet. Vieles spricht also dafür, dass der Faktor Klimawandel perspektivisch ein immer größeres Gewicht bei der Frage von Krieg und Frieden im Sahel erhält.
Angesichts dieser komplizierten Gemengelage erscheint ein verstärkter Militäreinsatz im Sahel wenig hilfreich. Soldat*innen können dort allenfalls lokal begrenzt militärischen Schutz gewährleisten, nicht aber die riesigen Weiten der Sahelzone kontrollieren, die sich quer über den afrikanischen Kontinent erstreckt. Statt allein auf Terrorbekämpfung zu setzen, wäre daher ein Vorgehen ratsam, das in vierfacher Hinsicht das Prinzip menschlicher Sicherheit ins Zentrum rückt – verstanden im vollumfänglichen Sinne des Wortes.
Erstens sollten in allen betroffenen Ländern ernsthafte Friedensprozesse auf den Weg gebracht werden.[1] Besonders wichtig ist die Förderung lokaler Dialoginitiativen, um Eskalationen zwischen einzelnen Volksgruppen zu vermeiden. Bei solchen Friedensprozessen sollten dschihadistische Kräfte eingebunden werden – natürlich nur, wenn sie auf Waffengewalt verzichten.
Zweitens müssen die staatlichen Verwaltungen ihre Aufgaben wieder aufnehmen bzw. ihre Präsenz auf das gesamte Staatsterritorium ausdehnen. Dies wird ohne umfängliche finanzielle Unterstützung von außen nicht gelingen. Im Fokus sollten dabei die Infrastruktur, alltägliche Basisdienstleistungen im Bildungs- und Gesundheitssystem sowie eine korruptionsfreie Justiz stehen. Des Weiteren sollten die Sicherheitskräfte umfassend gestärkt werden, um die Bevölkerung vor bewaffneten Angriffen und der wachsenden Kriminalität zu schützen.
Drittens müssen die Lebensbedingungen verbessert werden, was nicht zuletzt umfängliche Maßnahmen gegen den Klimawandel erfordert – darunter Bewässerungsprojekte, Aufforstungsprogramme, agrarökologische Anbaumethoden sowie einen umfassenden Katastrophenschutz. Die Belange der Viehhirt*innen spielen dabei eine hervorgehobene Rolle, weil sich dschihadistische Kräfte nicht zuletzt auf die Volksgruppe der Fulbe stützen.
Viertens – und nicht zuletzt – müssen externe Akteure endlich ihre rücksichtslose und überaus kontraproduktive Interessenpolitik im Sahel einstellen – das gilt für die EU wie auch für die arabischen Länder, die USA, die Türkei und China. Derzeit werden pro Jahr 3,5 Mrd. US-Dollar für Militäroperationen im Sahel ausgegeben, davon eine Milliarde für die Minusma. Würde nur ein Bruchteil dieses Geldes über einen Zeitraum von zehn Jahren direkt der ländlichen Bevölkerung in der Region zugute kommen, hätten die dschihadistischen Kräfte innerhalb kurzer Zeit ausgedient. Und zugleich könnten sich die Menschen dadurch besser gegen jene Herausforderungen wappnen, die der Klimawandel bereits mit sich bringt.
[1] Die 2015 im Friedensabkommen von Algier vereinbarten Maßnahmen geben bestenfalls punktuell Antworten auf die seit 2016 im Zentrum Malis neu entstandenen Problemlagen. Vgl. zum Friedensvertrag grundsätzlich: Charlotte Wiedemann, Mali am Abgrund: Fünf Jahre Militärintervention, in: „Blätter“, 5/2018, S. 64-70.