Staat mischt mit. Entwicklungsbank DEG fördert Landraub

Beilage von Afrique-Europe-Interact in der bundesweiten Ausgabe der tageszeitung taz (4. Dezember 2014)

Für den Landraub in Sanamadougou und Sahou (vgl. nebenstehenden Artikel) ist das Unternehmen Moulin Moderne du Mali (M3) des malischen Großunternehmers Modibo Keita verantwortlich. Doch Akteure wie Modibo Keita könnten ihre Agrobusiness-Geschäfte überhaupt nicht umsetzen, wenn sie nicht sowohl von privaten Geschäftsbanken als auch von staatlichen Entwicklungsbanken reichlich mit Krediten versorgt würden – darunter auch die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft DEG in Köln.

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Zwei Dörfer stehen auf. Transnationale Proteste gegen Landraub in Mali

Beilage von Afrique-Europe-Interact in der bundesweiten Ausgabe der tageszeitung taz (4. Dezember 2014)

Bereits vor drei Jahren hat Afrique-Europe-Interact begonnen, Kontakte zu Bauern und Bäuerinnen im Office du Niger aufzubauen – einer 270 Kilometer nord-östlich der malischen Hauptstadt Bamako gelegenen Region, in der schon lange unterschiedliche Formen von Landraub stattfinden. Vorläufiges Ergebnis dieses insbesondere von der malischen Sektion unseres Netzwerks getragenen Annäherungsprozesses war zum einen die Gründung der Basisgewerkschaft COPON (Kollektiv der Bauern im Office du Niger). Zum anderen die Unterstützung des Widerstands der beiden Dörfer Sanamadougou und Sahou gegen den Verlust sämtlicher ihrer landwirtschaftlichen Nutzflächen– inklusive Solidaritätsaktionen in Europa.

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Aufgeflogen. Die malische Regierung übergeht lokale Verantwortliche

iz3w 334 (September/Oktober 2014)

Internationale Bergbaufirmen erwarben 2007 Konzessionen für den Abbau der Uranvorkommen in der Region Falea in Mali. Erst durch eigene Recherchen erfuhren die BewohnerInnen von Falea vom geplanten Abbau. Mittlerweile wächst breiter Widerstand.

„Nehmt reichlich Essen und Wasser mit, vor allem stellt euch auf eine ziemlich ungemütliche Reise ein.“ Mit diesen Worten wurde eine Delegation aus malischen und europäischen AktivistInnen des transnationalen Netzwerks Afrique-Europe-Interact von Ortskundigen bereits in der Hauptstadt Bamako auf ihre Fahrt nach Falea eingestimmt. Die Warnungen waren keineswegs übertrieben, auch die malischen DelegationsteilnehmerInnen zeigten sich schockiert. Nicht nur ob des grotesk anmutenden Streckenetzes, das selbst dem Vierrad-Jeep bisweilen Schwierigkeiten bereitete. Vielmehr ließ die staatlicherseits seit Jahrzehnten billigend in Kauf genommene Peripherisierung der Region auf plastische Weise erahnen, weshalb die Bevölkerung den Machenschaften der internationalen Bergbaukonzerne anfangs wenig entgegenzusetzen hatte. Dass es überhaupt zu der Delegationsreise gekommen ist, war Ausdruck gezielter Bündnisarbeit sowohl in Bamako als auch auf europäischer Seite. Als Anlaufpunkt fungierte zunächst Falea – eines von 21 Dörfern der gleichnamigen Region, die sich auf einem Hochplateau mit reichhaltigen Wasserressourcen und einzigartiger Biodiversität im Grenzgebiet zu Guinea und Senegal erstreckt.

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Landkämpfe in Mali. Mikro- und Makro-Landgrabbing setzen Kleinbauern unter Druck

Beilage von Afrique-Europe-Interact in der bundesweiten Ausgabe der tageszeitung taz (7. Juni 2013)

Ist von Landgrabbing die Rede, werden häufig mehr oder weniger astronomisch anmutende Zahlen zitiert. Etwa der Umstand, dass seit 2008 im Durchschnitt 47 Millionen Hektar Acker-, Wald- und Weideflächen pro Jahr an Großinvestoren verkauft worden sind, was in etwa der Größe Schwedens entspricht. Ähnliches gilt auch für Mali. Hier wird meist das Office du Niger angeführt, ein vom Nigerwasser gespeistes Binnendelta 270 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Bamako, wo in den letzten 10 Jahren mindestens 540.000 Hektar Boden verkauft und über weitere 379.000 Hektar Vorvorträge abgeschlossen wurden.

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Komplexe Realitäten. Kleinbäuerliche Landwirtschaft steht in Mali unter massivem Druck

ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 574 / 17.8.2012

Die Pläne waren hochfliegend, als Anfang März 2012 eine 30-köpfige Delegation des transnationalen Netzwerks Afrique-Europe-Interact von der malischen Hauptstadt Bamako ins 270 Kilometer nordöstlich gelegene Office du Niger aufbrach – darunter auch zehn AktivistInnen aus Europa. Anlass war der Umstand, dass die Regierung des westafrikanischen Landes in dem äußerst fruchtbaren Niger-Binnendelta seit 2003 über 900.000 Hektar Acker- und Weideland an transnational operierende Banken, Investmentfonds und Konzerne verkauft hat. Entsprechend war die Region immer wieder Schauplatz öffentlichkeitswirksamer Aktionen gegen Landgrabbing, zuletzt im November 2011 anlässlich einer maßgeblich von der weltweiten Kleinbauernorganisation Via Campesina in Niono ausgerichteten Gegenkonferenz.

Um so überraschender war es, dass unsere Delegation eine gänzlich andere Situation vorfand. In den Begegnungen und Versammlungen mit BasisgewerkschafterInnen, dörflichen RepräsentantInnen und zahlreichen Kleinbauern und -bäuerinnen kam Landgrabbing zwar auch zur Sprache, doch insgesamt entpuppten sich die Gespräche als ungleich komplexer, ja, nachdenklicher und behutsamer. Deutlich wurde vor allem, dass neokolonialer Landraub lediglich ein weiterer Baustein im generellen Prozess der langfristig angelegten Inwertsetzung und somit Einverleibung kleinbäuerlicher Landwirtschaft in den kapitalistischen Weltmarkt ist.

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Landgrabbing im Zeichen der Vielfachkrise

Luxemburg, März 2012

Spätestens seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 gehört es allenthalben zum guten Ton, von der Vielfachkrise zu sprechen, also die zahlreichen Verbindungslinien zwischen Klimakrise, Energiekrise, Finanzkrise und weiteren Krisendyanmiken ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Und doch: Das, was theoretisch längst begriffen ist, übersetzt sich bis heute viel zu selten in praktische Bündnisse zwischen den unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen bzw. bewegungspolitischen Akteuren. Auch der Bereich energiepolitischer Kämpfe ist hiervon keineswegs ausgenommen. Prominentes Beispiel ist etwa der in den letzten vier Jahren explosionsartig angewachsene Ausverkauf fruchtbarer (Acker-)Böden an Banken, Investmentfonds und Konzerne – eine Entwicklung, die nicht zuletzt mit der agrarindustriellen Produktion von Energie- bzw. Agrospritpflanzen zusammenhängt. Denn obwohl sich die Kämpfe gegen Landgrabbing, so der mittlerweile übliche Begriff, durch vielfältige Anschlussstellen auszeichnen, gibt es bislang lediglich punktuell Brückenschläge zu anderen Konfliktfeldern. Es lohnt also genauer hinzugucken. Nicht nur weil der Kampf gegen Landgrabbing hochgradig akut und daher dringend auf Bündnispartner angewiesen ist, sondern auch weil hiesige Energie- und Klimakämpfe von der Kooperation mit bäuerlichen Bewegungen im Süden programmatisch und strategisch enorm profitieren können.

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Der globale Widerstand wächst. Bäuerliche Bewegungen machen mobil gegen neokolonialen Landraub

ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 569 / 17.2.2012

Landgrabbing ist in jüngerer Zeit zu einer Art Medienliebling avanciert – und das durchaus zu Recht. Denn der seit 2007 explosionsartig angewachsene Ausverkauf fruchtbarer (Acker-)Böden an Banken, Investmentfonds und Konzerne gleicht mittlerweile einer riesigen Enteignungswelle, die im Süden des Globus für mehrere Hundert Millionen Kleinbauern und -bäuerinnen, FischerInnen und ViehhirtInnen den Verlust ihrer Existenzgrundlagen bedeuten könnte.

So sind allein zwischen Oktober 2008 und Juni 2009 weltweit mindestens 47 Millionen Hektar Land unter den Hammer gekommen – was der Größe Schwedens und somit einem Viertel der landwirtschaftlichen Nutzfläche in der EU entspricht. Rund 75 Prozent des Landgrabbings erfolgt mittlerweile in Afrika, betroffen sind mindestens 23 Länder in sämtlichen Teilen des Kontintents, darunter auch krisengeschüttelte Staaten wie die D.R. Kongo, Süd-Sudan oder Äthiopien.

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Bestenfalls ein erster Meilenstein. Sechs Schlaglichter zu den Gipfelprotesten in Kopenhagen

ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 546 / 22.1.2010

Die Bilanz der klimapolitischen Proteste in Kopenhagen fällt notwendigerweise zwiespältig aus: Einerseits ist es anlässlich des UN-Klimagipfels zu völlig neuartigen Kooperationen und Bündnissen gekommen – nicht zuletzt zwischen südlichen und nördlichen Akteuren. Andererseits waren in politischer, zahlenmäßiger und aktionistischer Hinsicht gravierende Schwächen nicht zu übersehen. Beides ist zu berücksichtigen, allerdings sollten die Schwächen ins Zentrum einer ersten Bestandsaufnahme gerückt werden – auch als Voraussetzung dafür, die in Kopenhagen entfachte Bewegungsdynamik für „system change not climate change“ in Schwung halten zu können.

Schlaglicht I: Bei aller Stärke nach innen, in ihrer Außenwirkung waren die Proteste eher bescheiden: Zu keinem Zeitpunkt konnte in Kopenhagen eine wirklich wahrnehmbare, insbesondere die Perspektive südlicher Basisbewegungen artikulierende Gegenöffentlichkeit etabliert werden. So ist es zum Beispiel nicht gelungen, den heuchlerischen Irrwitz zu skandalisieren, wonach der CO2-Gesamtausstoß eines Landes und nicht der jeweilige CO2-Austoß pro Kopf als zentrale Rechengröße innerhalb der offiziellen Verhandlungen fungiert hat – mit der Konsequenz, dass China in nahezu sämtlichen Mainstream-Medien immer wieder als „größter Klimasünder“ an den Pranger gestellt wurde. Genausowenig haben es die Proteste geschafft, in einer breiteren Öffentlichkeit Debatten über die von bewegungspolitischer Seite favorisierten Lösungen anzuzetteln. Etwa darüber, was CO2-arme Formen der Verkehrsorganisation, der Herstellung von Nahrungsmitteln oder der Energiegewinnung bedeuten, was wir also konkret im Auge haben, wenn wir von der Notwendigkeit eines sofortigen Endes der kapitalistischen Überproduktion und -konsumtion sprechen.

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In der Diskursfalle. Linke Klimapolitik muss praktischer, vielfältiger und konfrontativer werden

ak – zeitung für linke debatte und praxis / Nr. 532 / 17.10.2008

Es ist abenteuerlich: Mit rund 20 Jahren Verspätung hat auch die bewegungspolitische Linke zur Kenntnis genommen, dass der Klimawandel die weltweit ohnehin exorbitanten Ungleichgewichte rasant verschärft. Allein: die klimapolitischen Konzepte der Linken fallen unverändert blass aus; die Debatte schwankt zwischen betulicher Differenzierungslust und abstraktem Antikapitalismus – vielversprechende Ausnahmen wie das Hamburger Klima- und Antira-Camp abgezogen. Ungeklärt ist nicht nur, wo und wie interveniert werden soll; auch bündnispolitische Erwägungen stecken größtenteils in den Anfängen.

Exemplarisch lässt sich dieses Dilemma an zwei der bereits erschienenen Debattenbeiträge festmachen: Ulrich Brand, Bettina Köhler und Markus Wissen führen zwar kenntnisreich aus (ak 529), in welchem Sinne linke Klimapolitik immer schon „Landwirtschafts-, Energie-, Verkehrs- oder Gesundheitspolitik“ zu sein habe, und auch halten sie „gezielte Interventionen in die aktuelle Klimapolitik für durchaus notwendig“. Um so schleierhafter ist, dass sie auf die Formulierung praktisch-strategischer Vorschläge nahezu gänzlich verzichten. Die derzeitige „klimapolitische Aufgeregtheit“ müsse vielmehr, so ihr beschauliches Credo, dafür genutzt werden, auf die „zu Grunde liegenden gesellschaftlichen Probleme hinzuweisen und sie emanzipatorisch statt herrschaftlich zu bearbeiten“.

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Soziales Desaster. Globales Agrarsystem zwischen kleinbäuerlicher Landwirtschaft und Agrobusiness

Kurswechsel, Heft 3/2008

Als zu Beginn des Jahres die weltweiten Lebensmittelpreise explodierten und in etlichen Ländern des globalen Südens Hungerrevolten ausbrachen, reagierte nicht nur die europäische Öffentlichkeit perplex. Ausschlaggebend dürfte zum einen das von der Weltbank kolportierte Schreckensszenario gewesen sein, wonach in mindestens 30 Ländern Hungersnöte drohten, unter ihnen vermeintliche Brutstätten des Terrorismus wie Ägypten oder Pakistan. Zum anderen die Erkenntnis, dass die aktuelle Lebensmittelkrise auf grundsätzliche Schieflagen verweist, unter anderem solche, welche eng mit der Klimaproblematik verzahnt sind. Entsprechend fand der rasant zunehmende Anbau von Agrartreibstoffen in der medialen Berichterstattung genauso Beachtung wie der weltweit in die Höhe schnellende Futtermittelbedarf (Stichwort: Fleischkonsum) oder der Umstand, dass sich in den allermeisten Ländern des Südens die Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten im Zuge neoliberaler Freihandelsabkommen enorm verschärft hat. Kurzum: Mit bemerkenswerter Klarsicht wurde selbst in bürgerlich-liberalen Zeitungen der Sachverhalt in Erinnerung gerufen, dass dem globalen bzw. kapitalistischen Agrarsystem ein ungeheueres Destruktionspotential innewohnt. Die apokalyptisch anmutende Zahl von jährlich 10-30 Millionen Hungertoten – davon 80 Prozent Kleinbauern und -bäuerinnen, Landlose und FischerInnen – ist in diesem Sinne vor allem als Fanal zu begreifen.

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