ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 546 / 22.1.2010
Die
Bilanz der klimapolitischen Proteste in Kopenhagen fällt
notwendigerweise zwiespältig aus: Einerseits ist es anlässlich des
UN-Klimagipfels zu völlig neuartigen Kooperationen und Bündnissen
gekommen – nicht zuletzt zwischen südlichen und nördlichen
Akteuren. Andererseits waren in politischer, zahlenmäßiger und
aktionistischer Hinsicht gravierende Schwächen nicht zu übersehen.
Beides ist zu berücksichtigen, allerdings sollten die Schwächen ins
Zentrum einer ersten Bestandsaufnahme gerückt werden – auch als
Voraussetzung dafür, die in Kopenhagen entfachte Bewegungsdynamik
für „system change not climate change“ in Schwung halten zu
können.
Schlaglicht
I:
Bei aller Stärke nach innen, in ihrer Außenwirkung waren die
Proteste eher bescheiden: Zu keinem Zeitpunkt konnte in Kopenhagen
eine wirklich wahrnehmbare, insbesondere die Perspektive südlicher
Basisbewegungen artikulierende Gegenöffentlichkeit etabliert werden.
So ist es zum Beispiel nicht gelungen, den heuchlerischen Irrwitz zu
skandalisieren, wonach der CO2-Gesamtausstoß eines Landes und nicht
der jeweilige CO2-Austoß pro Kopf als zentrale Rechengröße
innerhalb der offiziellen Verhandlungen fungiert hat – mit der
Konsequenz, dass China in nahezu sämtlichen Mainstream-Medien immer
wieder als „größter Klimasünder“ an den Pranger gestellt
wurde. Genausowenig haben es die Proteste geschafft, in einer
breiteren Öffentlichkeit Debatten über die von bewegungspolitischer
Seite favorisierten Lösungen anzuzetteln. Etwa darüber, was
CO2-arme Formen der Verkehrsorganisation, der Herstellung von
Nahrungsmitteln oder der Energiegewinnung bedeuten, was wir also
konkret im Auge haben, wenn wir von der Notwendigkeit eines
sofortigen Endes der kapitalistischen Überproduktion und -konsumtion
sprechen.
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