01.03.2023 | Prekarität statt Dorfidylle. Wohnen ist im ländlichen Sahel eine ständige Herausforderung

Erschienen in: iz3w 395, März / April 2023

Für den Themenschwerpunkt „Wohnen weltweit“ der aktuellen Ausgabe der iz3w habe ich einen Beitrag unter dem Titel „Prekarität statt Dorfidylle. Wohnen ist im ländlichen Sahel eine ständige Herausforderung“ verfasst. Der Beitrag ist nicht online abrufbar, bei Interesse gerne eine Nachricht an mich schreiben. Konkret habe ich versucht, das in meinem Buch „Brennpunkt Westafrika. Die Fluchtursachen und was Europa tun sollte“ (2022) tragende Prinzip fortzuschreiben – nämlich Stadt und Land in (West-)Afrika nicht als Gegensätze zu betrachten, sondern als zwei Sphären, die nicht zuletzt durch unterschiedliche Formen zirkulärer Migration eng verbunden sind.

Weiterlesen

01.04.2019 |Westafrika: Fluchtursachen bekämpfen – aber richtig!

Blätter für deutsche und internationale Politik, 4/2019, Seite 103-112

Spätestens seit der als „Flüchtlingskrise“ etikettierten Ankunft von rund drei Millionen Migrantinnen und Migranten in den Jahren 2014 bis 2016 ist Europa tief gespalten. Ob EU-Türkei-Pakt, verschärfte Abschieberegeln oder Internierungslager in Libyen: Keine Maßnahme scheint hart genug zu sein, um die rechtspopulistischen Gemüter zu beruhigen. Umso bemerkenswerter ist, dass die „Bekämpfung von Fluchtursachen“ – also das zweite Standbein der EU-Migrationspolitik – allenthalben auf Zustimmung stößt.

Der Artikel ist bis April 2020 ausschließlich über die Webseite der „Blätter“ zu beziehen . Alternativ kann er auch bei mir angefordert werden: olafbernau@posteo.de

Weiterlesen

07.12.2017 |Koloniales Erbe. Zur politischen Marginalisierung Afrikas

Beilage von Afrique-Europe-Interact in der bundesweiten Ausgabe der tageszeitung taz (7. Dezember 2017)

Afrique-Europe-Interact kann sich über mangelnden Zuspruch seitens der kritischen Öffentlichkeit nicht beklagen. Gleichwohl ist in der alltäglichen Arbeit so etwas wie eine gläserne Decke deutlich spürbar: Die von unserem Netzwerk aufgebaute Kooperation zwischen afrikanischen und europäischen Basisinitiativen wird zwar gutgeheißen – insbesondere der Versuch, südliche Perspektiven bzw. Positionen in Europa stärker zur Geltung zu bringen. Doch praktisch sich einbringen wollen nur den wenigsten, vor allem wenn es darum geht, zusammen mit Organisationen aus afrikanischen Ländern politischen Druck aufzubauen – ob hierzulande oder in Afrika.

Weiterlesen

07.12.2017 |Krankheit als Fluchtursache. Wie Großinvestitionen Entwicklung von unten verhindern

Beilage von Afrique-Europe-Interact in der bundesweiten Ausgabe der tageszeitung taz (7. Dezember 2017)

In der Region Kita im Westen Malis ist Migration bereits seit Jahrzehnten tief im kulturellen und sozialen Gefüge verankert. Meist sind es die älteren Söhne der Familien, die während der 8-monatigen Trockenzeit Arbeit in anderen Landesteilen oder im benachbarten Ausland suchen, vorzugsweise auf Plantagen oder im Bergbausektor. Aber auch Europa spielt – ebenfalls schon lange – eine nicht zu unterschätzende Rolle.

So hat Frankreich im Zweiten Weltkrieg allein in seinen afrikanischen Kolonien rund 1 Millionen Soldaten für die Schlachtfelder Europas zwangsrekrutiert, unter anderem in der Region Kita. In den 1950er und 1960er Jahren folgten Anwerbeprogramme für die französische Automobilindustrie, wobei viele der Arbeitskräfte mit Passagierschiffen von der senegalesischen Hauptstadt Dakar nach Marseille gelangten. Heute hingegen bleibt westafrikanischen Migrant_innen mit dem Reiseziel Europa einzig die lange und gefährliche Passage durch die Wüste und über das Meer. Und das mit der Konsequenz, dass mittlerweile zahlreiche Familien in der Region Kita den Tod von Familienmitgliedern zu beklagen haben.

Weiterlesen

01.09.2017 |Anlageplatz Afrika: Das Ende der Entwicklungshilfe?

Blätter für Deutsche und Internationale Politik, September 2017

Nichts weniger als das Ende der Entwicklungshilfe verkündete Angela Merkel auf der G20-Afrika-Konferenz der Bundesregierung Mitte Juni in Berlin, zu der auch zahlreiche Vertreter afrikanischer Staaten geladen waren. Mit einem „Compact with Africa“ (Pakt mit Afrika) will die Bundesregierung den Kampf der G20-Staaten gegen Hunger und Armut in Afrika vom Kopf auf die Füße stellen: Kern der Initiative sind Partnerschaften mit ausgewählten afrikanischen Ländern, mittels derer die Rahmenbedingungen für Privatinvestitionen dort verbessert werden sollen. Öffentliche (Entwicklungshilfe-)Gelder sollen dann nur noch fließen, wenn sie privatwirtschaftliche Investitionen erleichtern und somit als Hebel für wirtschaftliche Entwicklung fungieren. Das aber bedeutet letztlich nichts anderes als die Erschließung Afrikas als Anlageplatz für europäisches Kapital – unter dem Mantel der Fluchtursachenbekämpfung. Die G20-Staaten haben auf ihrem Gipfel Anfang Juli in Hamburg diese deutschen Vorschläge bestätigt, allerdings ohne verbindliche Finanzzusagen.

Der demonstrative Bezug auf afrikapolitische Belange – einschließlich gespreizter Entwicklungs- und Mitmenschlichkeitsrhetorik – ist keineswegs neu: Bereits 2007 beim G8-Gipfel in Heiligendamm stand Afrika formell ganz oben auf der Agenda; greifbare Ergebnisse brachte dies jedoch nicht. Und schon 2005 war es dem britischen Premierminister Tony Blair gelungen, die von über 500 zivilgesellschaftlichen Organisationen getragene Kampagne „Make Poverty History“ auf seine Seite zu ziehen. Daraus resultierte nicht zuletzt eine Großdemonstration mit 250 000 Menschen in Edinburgh, die die gänzlich unambitionierte Entschuldungsinitiative einer von Blair im Vorfeld des damaligen G8-Gipfels eingesetzten Afrika-Kommission ausdrücklich unterstützte.

Weiterlesen

20.06.2027 | Anlageobjekt Afrika. Die deutsche G20-Präsidentschaft propagiert »Investitionspartnerschaften« im Kampf gegen Armut und Hunger

ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 628 / 20.06.2017

Zu den zentralen Säulen der deutschen G20-Präsidentschaft gehört die „Compact with Africa“-Initiative, welche die Rahmenbedingungen für Privatinvestitionen in afrikanischen Ländern verbessern soll. Erste Weichenstellungen sind bereits beim G20-Treffen der Finanzminister und Notenbankgouverneure im März in Baden-Baden erfolgt. Als weiterer Meilenstein hat am 12./13. Juni die G20 Africa Partnership-Konferenz unter dem Titel „Investing in a Common Future“ in Berlin stattgefunden – dies unter Beteiligung zahlreicher Vertreter_innen ausgewählter afrikanischer Länder.

Der demonstrative Bezug auf afrikapolitische Belange – einschließlich gespreizter Entwicklungs- und Mitmenschlichkeitsrhetorik – ist keineswegs neu: Bereits 2007 beim G8-Gipfel in Heiligendamm stand Afrika ganz oben auf der Agenda. Noch schlimmer, ja schamloser im Jahr 2005: Damals war dem britischen Premier Tony Blair das Husarenstück gelungen, die von über 500 zivilgesellschaftlichen Organisationen getragene Kampagne „Make Poverty History“ auf seine Seite zu ziehen. Ergebnis war einerseits eine Großdemonstration mit 250.000 Menschen in Edingburgh, die die Arbeitsergebnisse einer von Blair im Vorfeld des G8-Gipfels eingesetzten Afrika-Kommission ausdrücklich unterstützt hat. Andererseits gingen am gleichen Tag acht von Bob Geldorf initiierte und weltweit übertragene Live-8-Konzerte über die Bühne (8 = aid = Hilfe).

Weiterlesen

Wider den Selbstbetrug der EU. Globales Nord-Süd-Gefälle überwinden, Bewegungsfreiheit herstellen

Beilage von Afrique-Europe-Interact in der bundesweiten Ausgabe der tageszeitung taz (3. Dezember 2015)

„Fluchtursachen bekämpfen“ – spätestens seit Geflüchtete und Migrant_innen das europäische Grenzregime massenhaft überrannt haben, ist das martialisch anmutende Motto zu einer Art Hoffnungsanker europäischer Politiker_innen geworden. Mehr noch: Die EU hat das Thema Mitte November ins Zentrum des afrikanisch-europäischen Migrationsgipfels auf Malta gerückt. Und auch die Medien ziehen mit. In zahlreichen Hintergrundberichten werden derzeit Armut, Umweltzerstörung oder Krieg thematisiert. Gleichwohl bleibt die öffentliche Debatte seltsam steril. Denn ein Blick hinter die Kulissen findet nur selten statt, Europa scheint mit den strukturellen Ursachen von Flucht und Migration kaum etwas zu tun zu haben – jedenfalls was Afrika betrifft. Handfeste Ergebnisse konnten daher auf Malta nicht erzielt werden, zur Diskussion stehen stattdessen aberwitzige Szenarien. Beispielsweise im Niger riesige Auffanglager für Geflüchtete zu bauen – also in einem Land, das im UN-Index für menschliche Entwicklung seit Jahren auf dem letzten Platz rangiert.

Weiterlesen

Fragile Balanceakte. Das Beispiel Afrique-Europe-Interact

Luxemburg, Dezember 2013

Anfang der 1990er Jahre ist hierzulande die einst handlungsmächtige Internationalismus- bzw. Dritte-Welt-Solidaritätsbewegung buchstäblich kollabiert. Verantwortlich war zum einen der Epochenbruch von 1989 samt seiner rassistischen Fernwirkungen im wiedervereinigten Deutschland, zum anderen die neoliberale Globalisierungsoffensive, die seinerzeit begonnen hatte, rund um den Globus gesamtgesellschaftliche Kräfteverhältnisse spürbar zu verschieben. Hinzu kam, dass sich die Internationalismusbewegung zunehmend innerlinker Kritik ausgesetzt sah. Wichtige Schlagworte lauteten ›simplifizierende Gut-Böse-Weltbilder‹, ›Fetischisierung des bewaffneten Kampfes‹, ›Solidaritäts-Hopping‹ oder ›fehlender Bezug auf soziale Auseinandersetzungen im Norden‹. Die Benennung dieser und weiterer Irrtümer war zweifelsohne berechtigt, ja notwendig. Und dennoch mutierte die Kritik oft zum Zerrbild – mit der Konsequenz, dass die facettenreiche Geschichte internationalistischer Solidarität auf einige ihrer schlimmsten Auswüchse zusammenschnurrte: beispielsweise auf die Flugzeugentführung von Entebbe im Jahr 1976, bei der unter Beteiligung der RZ-Gründungsmitglieder Wilfried Böse und Brigitte Kuhlmann ausschließlich jüdische Passagiere als Geiseln genommen wurden. Präziser: In der stark antideutsch bzw. antinational geprägten Debatte wurde geflissentlich ausgeblendet, dass die Internationalismusbewegung ihre Praxis bereits in den 1980er Jahren selber auf den Prüfstand gestellt und zahlreiche Häutungs- und Transformationsprozesse durchlaufen hatte (vgl. Balsen/ Rössel 1986). Ganz zu schweigen davon, dass bereits 1994 mit Beginn des Aufstands der Zapatistas in Mexiko ein neuer Zyklus transnationaler Solidarität entstanden war.

Weiterlesen

Albtraum Uranabbau. Wachsender Widerstand gegen drohenden Uranabbau in Mali

Beilage von Afrique-Europe-Interact in der bundesweiten Ausgabe der tageszeitung taz (5. Dezember 2013)

Die Wahrheit kam nur scheibchenweise ans Licht: Bereits 1970 hat der französische Atomkonzern Areva – damals noch Cogema – in der Region Falea im äußersten Südwesten Malis Uran-, Kupfer- und Bauxitvorkommen entdeckt. Im Jahre 2007 erhielt die kanadische Firma „Delta Exploration“ von der malischen Regierung eine Konzession für den Abbau dieser Rohstoffe – ein Recht, das sie kurz darauf an die ebenfalls in Kanada registrierte Firma „Rockgate Capital“ weiterverkaufte. Betroffen sind 21 Dörfer auf einem Hochplateau mit reichhaltigen Wasserressourcen und einzigartiger Biodiversität im Grenzgebiet zu Guinea und Senegal.

Weiterlesen

Ohne Fundamente. Blockupy: Zwiespältige Bilanz trotz Demoerfolg

ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 573 / 15.6.2012

Es liegt nahe, die Sache von hinten anzugehen: Mit der rundherum fulminanten Abschlussdemonstration hat der ansonsten eher durchwachsene Blockupy-Aktionsreigen eine überraschend positive Wendung genommen. Beeindruckend war nicht nur ihre Größe und Vielfalt, sondern auch die für deutsche Verhältnisse ungemein packende Gesamtatmosphäre. Die Demonstration hat zudem – insbesondere mit Blick auf das hermetisch von der Menge abgeschirmte Bankenviertel – die Vision einer völlig anderen, das heißt einer im Interesse der globalen Multitude stehenden Ordnung aufblitzen bzw. kurzfristig spürbar werden lassen.

Bei aller Begeisterung darf der fragile bzw. fragmentarische Charakter des Protests nicht aus dem Blick geraten. Noch am Vortag sah sich der Vorbereitungskreis der Abschlussdemonstration gezwungen, die Zahl der erwarteten Teilnehmenden auf bis zu 20.000 zu reduzieren. Dies zeigt, wie sehr mittlerweile die Mobilisierung für Massenaktionen zu einer Art Lotterie mutiert ist.

Weiterlesen
1 2 3