Trans-identitäre Organisierung & Hybridität

Stichworte zur Orts-, Organisations- und Identitätsdebatte rund um’s 5. Antirassistische Grenzcamp. Oder: Warum dieses Jahr die Musik in Thüringen spielt?!

Ursprünglich erschienen in: Interim, Februar 2002

1. Auftakt

Glücklich sicherlich nicht, aber unterhalten (und obendrein auf den Boden der Tatsachen geholt), dürfte sich fühlen, wer in den letzten Monaten Zugang zur internen Mailing-Liste, d.h. zum virtuellen Diskussionsforum der Antirassistischen Grenzcamp-Community hatte. Denn geboten wurde dort so Manches, nicht zuletzt ein fulminanter Debatten-Showdown rund um die Frage, ob und wie das mehrheitlich deutsch-weiße Grenzcampvölkchen gezielt mit MigrantInnen- und Flüchtlingszusammenhängen kooperieren sollte, auf dass langfristig nicht nur die deutsch-weißen Dominanzen innerhalb linksradikaler Zusammenhänge ausgehebelt, sondern auch trans-identitäre, mehr noch: hybride Bündnisse geschmiedet werden können.


Aufhänger der Debatte ist indessen ein anderer gewesen, die Frage danach, wo denn das 5. Antirassistische Grenzcamp im Jahre 2002 seine Zelte aufschlagen sollte: in Hamburg (als unmittelbarer Fortsetzung des Frankfurter Grenzcamps) oder in Thüringen (als Wiederanknüpfung an die ersten drei Grenzcamps). Pikant hieran ist weniger das schon oft ausgewalzte Spannungsverhältnis zwischen westdeutscher Metropole und ostdeutscher Provinz gewesen (einschließlich des unter westdeutschen Linksradikalen gerne kultivierten Anti-Zonen-Chauvinismus). Nein, pikant ist vielmehr gewesen, dass sich für Thüringen in erster Linie die Flüchtlingsselbstorganisationen „The Voice“ sowie „Brandenburger Flüchtlingsinitiative“ stark gemacht haben.

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Koloniale Bilderwelt und Subjekt. Oder: whiteness, blackness & gender: Zur Verschränkung von Rassismus und Sexismus

Ursprünglich erschienen: In Reader für Crossover-Konferenz (Bremen Dezember 2001)

Vom 17. – 20. Januar 2002 findet in Bremen die 1. cross-over-conference statt – mit dem Untertitel: Machtnetze attackieren! Ziel dieser conference ist es, gesellschaftliche Herrschaftsverhältnisse auf ihre jeweiligen Verzahntheiten hin abzuklopfen, also mit einem Anspruch ernst zu machen, welcher zwar regelmässig formuliert, viel zu selten jedoch umgesetzt wird. Konkret heisst das: Geplant sind ausschliesslich workshops, die 2 oder mehr Herrschaftsverhältnisse miteinander verknüpfen, wie z.B. Heterosexismus und Kapitalismus oder Sexismus und Antisemitismus. In diesem Sinne soll im Folgenden anhand eines konkreten Verknüpfungsbeispieles veranschaulicht werden, worin denn theoretischer wie praktischer Nutzen eines solchen Vorgehens besteht.

Vorspiel: Kolonialer GAU auf dem 3. + 4. antirassistischen Grenzcamp

Wir für uns sind zu der Schlußfolgerung gekommen, dass es besser ist, auf dem Camp keine weißen Frauen anzusprechen, laufen wir doch andernfalls Gefahr, einmal mehr Sexismusvorwürfen ausgesetzt zu sein.‘ So in etwa lautete die Einschätzung zweier Männer von The Voice Africa Forum bzw. der Flüchtlinsinitiative Brandenburg, formuliert während einer überwiegend konstruktiven Sexismus-Rassismus-Diskussion, welche in den letzten 3-4 Stunden des ansonsten über weite Strecken grotesk verlaufenen Abschlußplenums auf dem diesjährigen antirassistischen Grenzcamp in Frankfurt/Main erfolgt ist.

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