31. März 2023 | Schafft Demokratie Frieden? Dokumentation einer Sahel-Konferenz in Berlin (deutsch und französisch)

Am 22./23. Juni 2022 hat das zivilgesellschaftliche Netzwerk Fokus Sahel unter dem Titel “Schafft Demokratie Frieden? Zivilgesellschaftliche Perspektiven auf Demokratie und Partizipation” zu einer Tagung nach Berlin eingeladen. Die Veranstaltung war die Fortsetzung einer Tagung, die am 28./29. März 2019 in Frankfurt/Main über die Bühne gegangen war. Der damalige Titel lautete “Wege aus der Gewalt? Gesellschaftliches Engagement im Kontext politischer Destabilisierung und gewaltsamer Konflikte im Sahel” – Veranstalter war ebenfalls Fokus Sahel, zusammen mit der Evangelischen Akademie Frankfurt. Wie bereits 2019 stammte auch 2022 das Gros der Referent:innen – nämlich 21 von 24 – aus den Sahelländern Burkina Faso, Mali, Niger und Tschad. Und ähnlich wie in Frankfurt begann auch die Berliner Tagung mit einer Gedenkminute für die Opfer der gewalttätigen Konflikte im Sahel. Mittlerweile ist eine von mir verfasste Dokumentation der Konferenz erschienen, sie kann entweder unter „Weiterlesen“ als PDF runtergeladen oder unter info@afrique-europe-interact.net als gedrucktes Exemplar bestellt werden.

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09.02.2023 | Mali im Umbruch – Eindrücke von einer 2-wöchigen Delegationsreise nach Mali

Ich bin seit zwei Wochen mit einer kleinen Delegation unseres Netzwerks Afrique-Europe-Interact in Mali unterwegs (und ab nächster Woche in Niger – bis einschließlich 4. März). In diesem Sinne möchte ich heute einige Eindrücke teilen, die sich aus unseren bisherigen Gesprächen und Begegnungen ergeben haben. Doch beginnen möchte ich mit einem kurzen Hinweis zu unseren Gesprächspartner:innen, deren Einschätzungen die Basis für die hier getroffenen Aussagen abgeben:

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01.12.2022 | Fassadendemokratie und Fundamentalismus. Dschihadismus in Mali und das Versagen des Staates

Erschienen in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 12/2022

Im westafrikanischen Burkina Faso stürzten Ende September junge Militärs Staatschef Paul-Henri Damiba, der erst im Januar selbst durch einen Militärputsch an die Macht gelangt war. Ähnliches hatte sich zuvor im Nachbarland Mali ereignet, wo ebenfalls eine aus einem Doppelputsch hervorgegangene Übergangsregierung die Geschicke bestimmt. Umso bemerkenswerter ist, dass die Putschist*innen beachtliche Zustimmung in der Bevölkerung genießen, insbesondere in Mali, wo sich im April 2022 laut einer repräsentativen Umfrage der Friedrich-Ebert-Stiftung 94 Prozent der Befragten mit der Arbeit der Militärs zufrieden zeigten.[1] Die Menschen trauen ihnen nicht nur zu, die maßgeblich von Dschihadisten losgetretene Gewalteskalation einzudämmen, die sich seit 2012 im Zentralen Sahel – insbesondere in den Ländern Burkina Faso, Mali und Niger – zu einem regelrechten Flächenbrand ausgeweitet hat. Sie begreifen die Krise auch als Ausdruck demokratischen Versagens, mit der Konsequenz, dass ausgerechnet die Militärregierungen – so paradox das aus einer westlichen Perspektive erscheinen mag – zu demokratischen Hoffnungsträgern avanciert sind.

Der Text ist nur in der gedruckten Ausgabe verfügbar, ich schicke ihn aber bei Interesse gerne zu.

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Putsch zur Demokratie? In Mali steht der postkoloniale Staat vor dem Aus

iz3w, Ausgabe 389, März/April 2022

Mit breiter Unterstützung der Bevölkerung hat das Militär im westafrikanischen Mali geputscht. Trotz Sanktionen durch die ECOWAS und internationalem Druck bedeutet der Putsch für viele in Mali neue Hoffnung auf einen demokratischen Aufbruch, vor allem in ländlichen Regionen. Die Ursprünge dieses scheinbaren Widerspruchs liegen in der Geschichte des postkolonialen Staates.

Der Text ist nur in der gedruckten Ausgabe verfügbar, ich schicke ihn aber bei Interesse gerne zu.

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Januar/Februar 2022 | Stellungnahmen zu den aktuellen Entwicklungen in Mali

Seit die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS im Januar Sanktionen gegen Mali verhängt hat, ist unglaublich viel passiert. Nicht nur in Mali, sondern auch in den Nachbarländern Burkina Faso und Niger – ganz zu schweigen vom Krieg gegen die Ukraine, der nicht zuletzt deshalb starke Spuren in Mali hinterlassen dürfte, weil die malische Übergangsregierung in jüngerer Zeit russische Soldaten zur Antiterrorbekämpfung ins Land geholt hat (quasi als Ersatz für französische Streitkräfte, die sich aus Mali in den nächsten Monaten endgültig zurückziehen werden). Einige dieser Vorgänge habe ich im Rahmen von Afrique-Europe-Interact kommentiert (als Stellungnahmen des gesamten Netzwerks), weshalb ich an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen möchte:

24. Januar 2022 | Offener Brief an die Deutsche Bundesregierung: Keine Unterstützung der ECOWAS-Sanktionen

09. Februar 2022 | MINUSMA und EUTM: Informationen und Empfehlungen zur aktuellen Lage in Mal

18. Februar 2022 | Stellungnahme zum französischen Truppenabzug aus Mali

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24.01.2022 | Kontraproduktive Sanktionen. Nach dem Putsch in Mali hat Westafrika drakonische Strafen verhängt. Dabei kann die Übergangsregierung sehr wohl Erfolge vorweisen (taz-Kommentar)

Dieser Kommentar ist am 24.01.2022 in der tageszeitung taz erschienen.

Die jüngere Geschichte Malis lässt sich entlang verschiedener Stränge erzählen. Einer beginnt im Frühsommer 2020. Damals versammelten sich Zehntausende zu Massendemonstrationen in Bamako, mobilisiert von einer Regenbogenkoalition aus linken, zivilgesellschaftlichen und religiösen Kräften. Die Menschen forderten den Rücktritt von Präsident Ibrahim Boubacar Keita. Dieser fiel insbesondere durch Korruption und Vetternwirtschaft auf – zudem zeigte er sich unfähig, gegen die Vielfachkrise im Norden und Zentrum des Landes vorzugehen, nicht zuletzt gegen den dschihadistischen Terror. Umso größer war der Jubel, als die Armee intervenierte und eine aus Militärs und Zivilist:innen zusammengesetzte Übergangsregierung bildete. Bereits damals betonte die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS, dass Putsche unakzeptabel seien. Gleichzeitig war offenkundig, dass eine breite Mehrheit der Bevölkerung den Putsch befürwortete, die ECOWAS vereinbarte daher mit ihrem Mitgliedsstaat Mali eine 18-monatige Übergangsfrist.

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23.12.2021 | Widersprüchliche Lage in Mali: Trotz Gewalt und Repression breite Beteiligung der Bevölkerung an nationalen Versammlungen

Die gesellschaftliche Lage in Mali ist unverändert dramatisch: Zum einen spitzt sich die Gewalteskalation immer weiter zu – insbesondere im Zentrum des Landes. So wurde am 3. Dezember morgens um 8 Uhr ein Lastwagen mit lokalen Händler:innen aus dem Dorf Songho in die Luft gesprengt. Er war auf dem Weg zum Markt in Bandiagara, 31 Menschen starben, darunter auch Kinder. Zum anderen ist die aus einem Doppelputsch hervorgegangene Übergangsregierung in jüngerer Zeit erheblich unter Druck geraten, ungeachtet dessen, dass sie weiterhin über großen Rückhalt in der breiten Bevölkerung verfügt. Ihr wird unter anderem vorgeworfen, den Übergangsprozess bis zu den nächsten regulären Wahlen unnötig in die Länge zu ziehen. Im Zentrum der Kritik steht Premierminister Choguel Maïga, nicht so sehr Assimi Goita, Offizier und eigentliches Staatsoberhaupt des Landes. Hinzu kommt, dass sich Angehörige der politischen Klasse vermehrt Anklagen gegenübersehen, ein für Mali eher unübliches Phänomen. Meist geht es um Bestechlichkeit und Unterschlagung, aber auch unliebsame Kritik soll mundtot gemacht werden.

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26.11.2021 | Marebougou im Zentrum Malis: Wie sich die Bevölkerung gegen die Belagerung von Dörfern durch Dschihadisten wehrt

Marebougou liegt im Zentrum Malis – südlich von Mopti. Das Dorf wird seit Mitte Oktober von Kämpfern der dschihadistischen Gruppierung Katiba Macina belagert. Wer versucht, Marebougou zu verlassen, läuft Gefahr erschossen zu werden. Diese Konstellation ist nicht neu. 200 Kilometer entfernt sind die 3.000 Bewohner:innen des Dorfes Farabougou im Norden des Bewässerungsgebietes Office du Niger seit über einem Jahr von Dschihadisten umzingelt – unterbrochen lediglich von einer kurzen Ruhepause anlässlich eines mündlich geschlossenen Friedensvertrages im März 2021 (vgl. den Beitrag der Deutschen Welle „A Farabougou, le risque d’un précédent pour le Mali“ vom 15.04.2021 sowie den Blogeintrag „Zur Eindämmung lokaler Gewaltkonflikte in Mali durch lokale Friedensverhandlungen. Hinweise zu den Analysen von Boubacar Ba“ vom 11.11.2021 ).

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11.11.2021 | Zur Eindämmung lokaler Gewaltkonflikte in Mali durch lokale Friedensverhandlungen. Hinweise zu den Analysen von Boubacar Ba

Boubacar Ba gehört in Mali zu den bekanntesten Sozialwissenschaftler:innen. Er stammt aus der Region Mopti und beschäftigt sich schon lange mit der Frage, weshalb in Mopti und Segou (den beiden Regionen, die das Zentrum des Landes markieren) die Gewalt zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen immer stärker eskaliert. Hieraus sind in den letzten Jahren zahlreiche wichtige Veröffentlichungen hervorgegangen, unter anderem zwei Aufsätze, die er mit Tor A. Benjaminsen veröffentlicht hat: „Fulani-Dogon Killings in Mali: Farmer-Herder Conflicts as Insurgency and Counterinsurgency“ (African Security, Volume 14, 2021 – Issue 1) und „Why do pastoralists in Mali join jihadist groups? A political ecological explanation“ (The Journal of Peasant Studies, 46:1, 1-20 ). Im Kern geht Ba von der These aus, dass die Konflikte nur verständlich werden, wenn die allgemeinen Krisen (Krise des Staates, Klimakrise, Krise der Ökonomie etc.) mit lokalen Konfliktkonstellationen kurzgeschlossen würden. Denn die Geschichte zeige, dass aus einer allgemeinen Krise nicht automatisch eine lokale Gewalteskalation erfolge. Dieses Credo wird auch in einer kurzen Untersuchung deutlich, die Ba Anfang September mit Beatriz de León Cobo unter dem Titel „Centre du Mali : l’accord de Niono, d’un espoir de paix durable à la résurgence du conflit“ veröffentlicht hat.

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10.11.2021 | Office du Niger (Mali): Frauen-Proteste nach Anschlag auf Überlandstraße (inklusive Interviews)

In Mali ist das Bewässerungsgebiet des Office du Niger (das sich 270 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Bamako erstreckt) mittlerweile zu einem der Hauptschauplätze bewaffneter Auseinandersetzungen zwischen terroristischen – meist dschihadistischen – Gruppierungen einerseits und Selbstverteidigungsgruppen sowie malischen Sicherheitskräften andererseits geworden (vgl. u.a. den Beitrag Lokale Konflikte und Gewalteskalation im Office du Niger (Mali) vom 22.09.2021). Zu den Taktiken terroristischer Gruppen gehören insbesondere nadelstichartige Angriffe auf Dörfer, auf Ernten und Erntegeräte und auf öffentliche Infrastruktur. Die Menschen sollen eingeschüchtert und gefügig gemacht werden – mit dem Ziel, den Staat zu vertreiben und selber Kontrolle über immer größere Gebiete zu erlangen. Einer dieser Angriffe erfolgte in der Nacht vom 1. auf den 2. November 2021, indem zwischen Diabaly und Dogofry ein riesiges Loch in die wichtige Überlandstraße RN 33 gesprengt wurde.

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